Der Wanderer über dem Nebelmeer (Caspar David Friedrich) Quelle:Wikipedia
Caspar David Friedrich, der bedeutendste Künstler der deutschen Frühromantik, war ein überzeugter Slow Traveller – obwohl es den Begriff in seiner Zeit noch nicht gab. Rügen war Caspar David Friedrichs Lieblingsinsel. Immer wenn der Maler nach Rügen reiste, setzte er gemächlich mit dem Segelboot auf die Ostseeinsel über und wanderte dann zu Fuß weiter. In der Kutsche zu reisen sei zu schnell und zu unproduktiv.
Slow Wandern – nur ein Trend oder eine Haltung?
Dan Kieran singt mit seinem Buch „Slow Travel“ ein Loblied auf das langsame Reisen und setzt so einen Trend zum „Slow Tourism”, der nun auch das Wandern erreicht. Das Wandern steht zwar in einer langen und vielfältigen Tradition, bekommt jedoch mit dem Trend zum Slow Wandern derzeit ein überraschend neues und modernes Profil. Aber: Je begeisterter Jung und Alt „auf Schusters Rappen“ die Natur erleben wollen, um so wichtiger sollte jedem Wanderer die Erkenntnis sein, dass wir In der Natur heute nur noch Gast sind und sein dürfen und uns auch als solcher verhalten.
Damit sind nicht solche Selbstverständlichkeiten wie ‘nehmt Euren Müll wieder mit’ oder ‘respektiert Naturschutzgebiete als solche’ gemeint, sondern Achtsamkeit und Aufmerksamkeit, die man als Gast seinem Gastgeber entgegenbringen sollte. Für mich heißt das, nicht einfach ‘drauf loswandern’ und ‘Strecke machen’, sondern sich mit Absichtslosigkeit und ohne konkrete Erwartungen dem Erlebnis Wandern hinzugeben.
Die 3 A des Mußewanderns
In einem Gebetstext aus Südafrika heißt es:
Lass mich langsamer gehen, Herr,
entlaste das eilige Schlagen meines Herzens
durch das Stillwerden meiner Seele.Lass meine hastigen Schritte stetiger werden
mit dem Blick auf die ewige Zeit der Ewigkeit.
Gib mir inmitten der Verwirrung des Tages
die Ruhe der ewigen Berge.
Diese wenigen Zeilen beschreiben in beeindruckender Weise das Wesen des achtsamen Wanderns, aber diese Art des Wanderns lässt sich auch in kurzer Form mit den 3A zusammenfassen: Achtsamkeit, Aufmerksamkeit und Absichtslosigkeit
- Achtsamkeit:
Achtsam sein sollten wir immer an solchen Orten, wo die Landschaft in ihrem erdgeschichtlichen, kulturellen und/oder historischen Kontext beachtet und beobachtet werden kann. Nur so erkennt man die Besonderheiten der durch Menschen geformten Kulturlandschaft. - Aufmerksamkeit:
Aufmerksam sein ist die Bereitschaft, Besonderheiten der Landschaft zu bemerken, aufzunehmen und sich diese auch zu merken. So entstehen unsere bleibenden Eindrücke. - Absichtslosigkeit:
Wer ohne konkrete Erwartungen und Absichten auf eine Tour geht, gibt sich dem reinen Wandererlebnis hin, genießt es und nimmt es tiefer in sich auf.
Slow Wandern ist weit mehr als Wandern. Slow Wandern bedeutet achtsam Wandern. Sich Zeit nehmen für die schönen Dinge in der Natur und die Schatzkammer der Natur öffnen.
Nun sollen auch die Vulkaneifelpfade durch eine Neuausrichtung den geänderten Anforderungen an Mußewanderwege der Extraklasse gerecht werden. Es werden modulare Wegabschnitte von 12 bis 15 km Länge eingerichtet. So wird die Möglichkeit geboten, die Länge der Tageswanderung maßgeschneidert und je nach Verfassung und Laune zu verlängern oder zu beenden. Unter anderen Wanderwegen ist auch der Vulcano-Pfad in dieses Konzept eingebunden und ich durfte an einer ersten Begehung mit Geopark-Gästeführern teilnehmen, auf der die “A-Punkte erspürt” wurden.
Der etwa 27 km lange Vulcano-Pfad wurde durch einen Kurzweg in zwei etwa 17 km lange Kurzrouten geteilt, so dass entweder der gesamte Weg oder auch nur die Kurzrouten gegangen werden können und einen Blick über den Gartenzaun ins Land der Maare und Märchen ermöglichen.
Lieber Herbert, ich hatte Dir ja schon auf FB mein Interesse an dem Thema bekundet. Und jetzt, wo Du den Text veröffentlichst, fühle ich mich bestätigt. Diese Gedanken sind genau die, die mich auch immer beim Wandern bewegen. Auch wenn ich nicht immer im Slow Modus unterwegs bin, so schwebt mir diese Form des Draußenseins doch als Ideal vor.
Danke also für das Ausformulieren. Gerne schau ich mir auch immer Deine Fotos an. Sie bezeugen die Achtsamkeit, mit der Du draußen unterwegs bist.
Pingback: Slow-Trekking mit Eselin Martina - Wandern auf andere Art
Hallo Herbert,
mir gefällt das Konzept des Slow Wanderns – am besten klappt das vermutlich, wenn man alleine unterwegs ist und sein eigenes Tempo gehen und innehalten kann, wenn einem danach ist.
Viele Grüße
Biene
Hallo Biene, oder man wandert mit einem Partner, wobei jeder seine Individualität ausleben kann, Mann verliert sich und trifft sich wieder.
Hallo Herbert,
ein toller Artikel und ich stimme dir auch in allen Punkten zu, aber irgendwie regt mich das Thema auch auf. Klar ist es toll, wenn Touren abgekürzt oder geteilt werden, aber müssen wir wirklich immer alles so vorgesetzt bekommen? Ich kann schon alleine wegen meinem kaputten Fuß keine 20 Kilometer laufen. Klar ist es umständlich, gerade bei Mehrtagestouren individuelle Etappen zu planen, da es dann häufig an Übernachtungsmöglichkeiten fehlt – aber es geht und die Planung gehört für mich auch zur Tour dazu. Ich habe das Buch auch gelesen und ich fand es auch toll, doch es erschreckt mich, dass es erst eines Buches bedarf damit wir merken, dass es noch mehr gibt, als von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit oder von Gipfel zu Gipfel zu hasten. Um es mal böse zu formulieren: Wir nennen uns so gerne Individualisten und folgen jetzt doch wieder einem Trend.
Ich hoffe du verstehst diese Zeilen so, wie ich sie meine. Ich will niemanden kritisieren und auch nicht behaupten, dass ich besser bin – ich wollte nur mal meinen zwiespältigen Gefühlen diesem Thema gegenüber Luft machen.
Liebe Grüße
Anja